Bürohengste über den Haufen gerannt - Narren eroberten das Rathaus im Sturm
Bürgermeister musste Prinzenpaar nach heftigem Kampf den Schlüssel übergeben.
Mömlingen. "Parteigezeter, Krämerei sei ab heute hier vorbei. Ab nun soll hier der Frohsinn klingen, die Narren jetzt das Zepter schwingen": Mit geballter Macht stürmten die karnevalistischen Horden am Samstag das Rathaus und erklärten Bürgermeister Edwin Lieb für abgesetzt. Der fügte sich trotz energischer Gegenwehr in sein Schicksal.
Zunächst hatte es gar nicht nach einem einfachen Sieg für die Truppen des Carneval-Vereins ausgesehen. Gleich zweimal abgeblitzt war Parlamentär Richard Lüdiger von Quast mit seiner ultimativen Aufforderung, das Rathaus samt Schlüssel und Kasse den Tollitäten auszuliefern. Denn Lieb gab sich gar nicht lieb, sondern stellte sich stur: "Niemals wird' ich das Rathaus freiwillig räumen.
Hohngelächter fürs Narrenvolk
Was blieb den Narren da anderes übrig als zu martialischen Mitteln zu greifen? Verstärkt durch befreundete Hilfstruppen aus Lämmerspiel (kein Faschingsscherz, der Ort heißt wirklich so) rückte Feldmarschall Jürgen Leist mit seinen Garden und Söldnern gegen die Festung der Bürohengste vor, wobei sie schwerste Geschütze auffuhren. Doch alle Drohungen fruchteten nicht - der Schultheiß wollte nicht von seiner Position abrücken. Immer noch verweigerte er die Übergabe des Rathausschlüssels, wie schon bei der Inthronisierung des Prinzenpaares Thomas I. und Astrid I. geschehen. Mehr noch: Von luftiger Leiterhöhe wähnte er sich dem Narrenvolk dermaßen überlegen, dass er nur Hohngelächter für diese übrig hatte.
Diese arrogante Attitüde brachte bei den Angreifern das Fass zum Überlaufen. "Treibt die Banausen ins Rathaus hinein, der Narrensieg wird unser sein" gellte der Schlachtruf über den Platz. Begleitet von Kanonendonner rückten sie mit gesenkten Hellebarden gegen die Rathaus-Musketiere vor. Im allgemeinen Tumult versuchte der Bürgermeister vergebens seine zurückweichenden Vasallen bei der Stange zu halten. Letzte verzweifelte Versuche, die Karnevalisten mit Böllern und Raketen einzuschüchtern oder mit Süßigkeiten zu bestechen, scheiterten kläglich.
Vom Fenster nahmen Prinz und Prinzessin die Huldigungen der Narrenschar entgegen, um anschließend sogar Besitz vom Bürgermeisterstuhl zu ergreifen. Derweil genoss der Hofstaat den glorreichen Sieg feuchtfröhlich schunkelnd und singend.
Blitzschnell stürmten die Maiden der Prinzengarde durch die Vordertüre des Rathauses. Es war schon eine besonders infame Kriegslist, die holden Maiden vorzuschicken. Denn solchen weiblichen Waffen hatten die wenigen Verteidiger nicht Adäquates entgegenzusetzen und mussten sich - beinahe willig - in ihr Schicksal ergeben. Unaufhaltsam drang der Feind in des Bürgermeisters Heiligstes vor, sein Amtszimmer. Nun musste der Rathaus-Chef klein beigeben und den Rathausschlüssel feierlich herausrücken. Stolz verkündete der Feldmarschall: "Der Sieg ist unser, vorbei ist die Schlacht, Prinz Karneval gehört nun die Macht."
Allzu sehr sollten sich die Narren aber nicht freuen, denn ab Aschermittwoch wird im Rathaus wieder der Amtschimmel wiehern.
Quelle: Main Echo vom .27.01.2003 - js